Friedrich Hölderlin und die Frage nach Gott/Mensch/Sprache:


Rezeption:

Im Rahmen der etwa 1914 einsetzenden und bis heute anhaltenden enormen Rezeption des Werkes von Friedrich Hölderlin in Philosophie und Dichtung zeigen sich immer wieder zwei Motive, die nicht selten gemeinsam auftreten: die Gottes-Frage als offene Frage und die Zeitgenossenschaft des Dichters, der als Freund oder Bruder angesprochen wird. Es scheint so, als ließe sich mit Bezug auf das Werk Hölderlins die Frage nach Gott auch in Diskursen, die sonst mit theologischen Fragen wenig zu tun haben, artikulieren, als zeige sich ein unerledigter Rest, der mit Bezug auf Hölderlins Werk thematisiert werden kann. Hölderlin wird dabei nicht selten als ein Zeitgenosse angesprochen, der uns von Ferne hilft, unsere Zeit besser zu verstehen, als wir dies vermögen. 


Dichtung Hölderlins:

Tatsächlich hat die Gottes-Frage in Hölderlins Werk von den frühesten Jugendgedichten an eine große Bedeutung. Sie stellt sich als eine offene Frage dar, die davor bewahrt werden muss, in der Interpretation in eine bestimmte Richtung entschieden zu werden: Pantheismus, Panentheismus, Renaissance der griechischen Götter oder der Natur als göttlichem Grund, Rückkehr zum christlichen Gott oder nachchristliche Dichtung, Atheismus. All diese Motive finden sich als Elemente in Hölderlins Dichtung, mitunter auch im selben Gedicht - aber nur als Momente. Gegenüber den Versuchen einer Festlegung auf eines dieser Momente muss gezeigt werden, wie die Dichtung Hölderlins durch die Gottes-Frage als offene Frage in Bewegung gehalten wird. Nicht selten finden sich in seinem Spätwerk (etwa im Homburger Folioheft) besonders intensive Überarbeitungen und Neuschreibungen dort, wo die Frage nach Gott thematisch wird. 

Auch wenn diese Frage in der Dichtung Hölderlins eine zentrale Rolle zukommt, so darf sie dennoch nicht isoliert betrachtet werden. Mit der Frage nach Gott tritt auch die Frage nach dem Menschen und der Sprache auf. Was in einem Gedicht über Gott ausgesagt wird, lässt sich nur erfahren, wenn man auch die Frage nach dem Menschen und der Sprache stellt und umgekehrt.